Gelsenkirchen, 09.04.2020

Gesellschaft – auf Distanz!

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Projektpartnerinnen und -partner,

Die Corona-Krise trifft auch uns Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hart und unvorbereitet.

Zunächst die gute Nachricht. Das FIAP arbeitet weiter, zu unserem und zum Schutz anderer aktuell im Home Office. Zusammenarbeit und Austausch erfolgen digital. Unsere Forschungsprojekte, auch die internationalen, werden unter veränderten Rahmenbedingungen fortgeführt! Der Dank gilt dabei auch unseren Fördermittelgebern, vor allem dem BMBF und dem Wirtschaftsministerium NRW, die dies weiter ermöglichen.

Im Vergleich zu vielen anderen, die ihr Unternehmen oder ihre Arbeit verloren haben, geht es uns also (noch) vergleichsweise gut.

Das liegt auch daran, dass wir, neben vielen anderen, bereits darin geübt sind, auf Distanz zu arbeiten, falls es notwendig ist.

Auch in unseren Forschungen, zuletzt z.B. in den Projekten CoWin (www.co-win.de) und graeducation (www.graeducation.org) geht es immer auch um die Frage, wie man das Arbeiten und Lernen auf Distanz mit digitalen Instrumenten noch besser macht und weiter verbreitet.

Konstatieren muss man bis hierhin: Weder in der nationalen noch in der internationalen Zusammenarbeit hat sich– trotz technischer Weiterentwicklungen bis hin zu Virtual Reality-Arbeitsräumen –  das digitale Arbeiten auf Distanz in die DNA der Arbeitswelt eingeschrieben. Uns fehlen nicht die technischen Möglichkeiten. Uns fehlen die sozialen Instrumente, die Kompetenzen, die Routinen und Rezepte, zuletzt auch die gesellschaftlichen „Leitplanken“, die die Digitalisierung und Virtualisierung der Arbeitswelt weiter beflügeln. Dies ist für uns ein wichtiges Forschungsfeld.

Mit Corona fällt uns allen dieser Mangel nun „auf die Füße“ – auch wenn man sagen muss, dass wir derzeit Lernprozesse im Rekordtempo durchlaufen, um uns das fehlende Wissen und die fehlende Routine für digitale, delokalisierte Arbeit jetzt anzueignen. In den internationalen Projekten gibt jetzt regelmäßige virtuelle Treffen, die teilweise zu einem lebhafteren und konstruktiveren Austausch führen als in „normalen“ Zeiten. Das liegt vielleicht auch daran, dass gerade jetzt die gemeinsame Entwicklung positiver, neuer Ideen für viele ein Lichtblick ist. Und in unserem Projekt „Agile Pflege“, das wir gemeinsam mit maxQ durchführen, werden Qualifizierungen für Pflegekräfte zur Stärkung ihrer Employability nunmehr online durchgeführt (https://fiap-ev.org/agile-pflege-innovationsschub-in-der-weiterbildung-der-pflegebranche-durch-die-corona-krise/).

Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass gerade wir als Geistes- und Sozialwissenschaftler wissen, wie unbedingt notwendig der direkte Austausch in Interaktionen – face-to-face – für die Zusammenarbeit und für die Gesellschaft ist und bleibt. Deshalb geht und ging es im Leitthemen des FIAPs – dem Arbeiten und Lernen auf Distanz – immer darum, die digitalen Möglichkeiten als ‚Werkzeuge‘ zu nutzen, um zusätzliche Optionen zu eröffnen. Im Projekt CoWin deklinieren wir das anhand des neuen Arbeitsmodells „Coworking“ durch, um pendelnde Beschäftigte zu gewinnen, Pendlerströme zu reduzieren und so auch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Im nächsten Jahr wollen wir in bereits seit längerem geplanten Forschungsprojekten weiter daran arbeiten, gestaltungsorientiertes Wissen für das Arbeiten und Lernen auf Distanz zu entwickeln und zu erproben. U.a. wollen wir Beiträge dazu leisten, die Virtualisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt zu unterstützen. Wir planen dazu ein Kompetenzzentrum VR/AR für die Arbeitswelt im Wissenschaftspark zu institutionalisieren.

Wir wollen dazu auch die internationale Zusammenarbeit in der Berufsbildung als herauszuhebenden Anwendungsfall für virtuelle Berufsbildung einbeziehen. Aber auch die Unterstützung benachteiligter Bevölkerungsgruppen in ihrer Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben sind weiterhin unser Thema. Wichtige Forschungen, die hoffentlich weiter durch Bundes- und Landesmittel unterstützt werden!

Denn die Corona-Krise offenbart, dass eine De-Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft – die manche ‚Traditionalisten‘ sich zurückwünschen – nicht hilfreich ist. Die Bewältigung dieser Krise – und die der noch folgenden – macht eine Zusammenarbeit in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im globalen Maßstab unabdingbar.

Und fast hätten wir es vergessen: Die Corona-Krise trifft das FIAP an einem kleinen Jubiläum, das wir gerne mit Ihnen unter anderen Umständen begangen hätten. Am 23.02.2020 feierte das Forschungsinstitut für innovative Arbeitsgestaltung und Prävention e.V. sein 10-jähriges Bestehen! (Und wir haben die feste Absicht, dass diesem Jubiläum noch weitere folgen sollen!)

Wir wünschen Ihnen, Ihren Familien und Freunden besondere Osterfeiertage. Wir hoffen, Sie bald wieder persönlich auf einer unserer Veranstaltungen begrüßen zu dürfen. Oder kommen  Sie einfach persönlich vorbei, wenn es wieder geht.

 

Dr. Rüdiger Klatt                     Silke Steinberg            Prof. Hartmut Neuendorff

und das gesamte FIAP-Team!